Paul Pellet

 

Geburtsdatum: 25. Juni 1906

Beruf: Elektriker

Hobbys: Fussballspielen, Briefmarkensammeln, Berg- und Skisport, Schach, Fischen

besonderes Merkmal: Kann pfeifen wie ein Vogel oder wie ein Schiedsrichter beim Sport

 

Sein Vater war von welscher Zunge. Er war Beamter bei den SBB in Bern, wo er sich zum Bürochef und zuletzt zum Übersetzer emporarbeitete. Kinderzulagen gab es damals noch nicht. Deshalb war er mit seinen sechs Kindern - das älteste war ein Mädchen, dann rückten fünf Buben an, wovon Paul der zweitjüngste war - besonders während des Krieges 1914/18 noch auf einen Nebenverdienst angewiesen. Er schreib Zeitungsartikel für die "La Suisse" und die Mutter erschuf sich mit dem Backen von Bretzeln, welche durch verschiedene Berner Spezereiläden weiterverkauft wurden, einen zusätzlichen Verdienst. Natürlich mussten ihr die Kinder dabei helfen, wobei insbesondere die Knaben das viele Abwaschen und Teigkugeln drehen wenig schätzten. Viel lieber hätten sie Fussball gespielt, wozu sie alle (auch Pole) sehr begabt waren. Einer seiner Brüder spielte sogar in der ersten Mannschaft des damals renommierten Clubs Concordia Basel. Leider starb er schon mit 24 Jahren an Tuberkulose. Auch die andern Brüder sind in der Zwischenzeit gestorben. Nur seine 84jährige Schwester lebt heute noch.

Geboren ist Paul im Weissenbühlquartier in Bern und wenig später zog die Familie nach Bümpliz-Nord. Bümpliz war damals noch ein selbständiges Dorf, das erst 1919 der Stadt Bern einverleibt wurde. Später verlegte die Familie ihren Wohnsitz wieder nach Bern an die Breitenrainstrasse. Dieses Quartier wurde Pauls Heimat, der er bis heue treu blieb. Im Breitenrain- und in den Spitalackerschulhäusern besuchte der intelligente Knabe die Primar- und Sekundarschulen. Als er aus der Schule kam, war er einer der Privilegierten, die eine Lehrstelle fanden. Bei der Firma Hermann Thüler in der Länggasse absolvierte er die dreijährige Lehrzeit als Elektriker. Aber nachher fand er trotz gutem Abschluss vorläufig keine Stelle. Zwei Jahre lang musste er sich mit Gelegenheitsarbeiten, mit Arbeitslosenunterstützung und mit Schwarzarbeiten durchschlagen. Paul war aber nicht einer, der sich unterkriegen liess. Er hatte gelernt, mit wenig zufrieden zu sein. Als er 1927 endlich eine Stelle bei der Firma Nyffeler-Kästli fand, war er deshalb dankbar. Plötzlich bot sich ihm eine gute Arbeitsmöglichkeit bei der SBB in Lausanne. 3 1/2 Jahre lang arbeitete er als Aspirant von dort aus vor allem auf den Bahnhöfen Vallorbe und St-Maurice, wo er als Elektriker beim Ausbau dieser Bahnhöfe tätig war. Daraufhin wurde er nach Bern beordert, wo dieselben Arbeiten beim Güterbahnhof auszuführen waren. Die Krisenzeit in den 30er Jahren brachte aber allerhand Blüten zum Wachsen. Missgunst und sonstige unliebsame und unkollegiale Tugenden waren derart verbreitet, dass Paul sich nicht vorstellen konnte, eine feste Anstellung bei der SBB anzunehmen. 1935 trat er wieder in die Firma Nyffeler-Kästli ein. Seither blieb er dieser Firma bis zu seiner Pensionierung treu und bereute es nie.

Seine Jugendzweit war, trotz Hans Schmalbart, überaus glücklich. Er war ein Schlingel, wie es eben Buben in diesem Alter sind. Er erinnert sich noch, wie er des Abends bei Wohnungen die Glocken in Betrieb setzte oder den Nachbarn die Aprikosen stahl. Schon in den frühen Kindheitsjahren wurde in ihm die Liebe zu den Bergen geweckt. Einmal im Jahr zog nämlich Vater Pellet mit Frau und Sprösslingen aus, um für drei bis vier Tage mit ihnen ausgedehnte Bergwanderungen zu machen. Das Geld dafür sammelten vor allem die Kinder selber mit Lindenblüten pflücken und verkaufen. Diese Wanderungen haben sich ihm derart eingeprägt, dass er sich noch heute in allen Einzelheiten an sie erinnert.

Kein Wunder, dass es ihn, nachdem die Zeit vorbei war, wo er nur das Fussballspielen im Kopf hatte, Sonntag für Sonntag in die Berge zog. Im Sommer mit Seil und Pickel, im Winter mit Ski und Fell! 1932 wurde er Mitglied des SAC, wo er 42 Jahre lang mitmachte. 1934 trat er auch den Naturfreunden bei und blieb ihnen bis heute immer treu. Von ihnen hält er besonders viel.

Neben dieser gesunden körperlichen Ertüchtigung tat er aber auch etwas für den Geist. Sein Vater, ein begeisterten Philatelist, führte ihn in die Geheimnisse des Briefmarkensammelns ein. Auch die Grundbegriffe des Schachs erlernte er von ihm. Mit viel Ausdauer und Eifer eignete er sich für dieses Spiel weitere Kenntnisse an. Mit 30 Jahren trat er dem ASV Bern bei. Als aber Ende der 40er Jahre in diesem Verein mehr und mehr unliebsame Politik getrieben wurde, zog er es vor, auszutreten. 1965 trat er dem ASV Gurten bei, wo er heute nicht mehr wegzudenken ist. Diesem Verein hat er enorm viel gebracht.

Jahrelang kämpfte er in unserer obersten Spielklasse und bei der Vergebung der ersten Plätze hatte er immer etwas mitzureden. Beharrlichkeit und niemals eine vorzeitige Aufgabe sind seine Stärken, die ihn noch heute mit 76 Jahren auszeichnen. Noch höher als die schachlichen Erfolge sind aber seine charakterlichen Eigenschaften einzustufen. Pole ist vor allem Mensch; zuverlässig, kameradschaftlich und doch kritisch. Noch heute kämpft er vehement gegen jede Ungerechtigkeit, wobei er uns allen als Vorbild dient. Im Gurtenläufer ist er ein geschätzter Mitarbeiter. Seine Artikel werden von allen gerne gelesen, weil sie einfach und verständlich abgefasst und immer auch mit einem Schuss Humor gewürzt sind. Auch im Vorstand hat man seine    Qualitäten entdeckt. Seit über fünf Jahren übt er dort die verschiedensten Chargen zur vollen Zufriedenheit aus. Daneben ist Pole ein humorvoller Kamerad. Seine "faulen" Pellet-Witze sind ein Begriff geworden. Wenn er aber - natürlich im passenden Moment - wie ein Vogel pfeift oder eine Schiedsrichterpfeife nachahmt, hat er die Lacher so oder so auf seiner Seite. Zum Schluss soll auch über Hanna Pellet noch etwas gesagt werden. Die Gürteler kennen sie allerdings bloss von Vereinsreisen und Familienbummeln. Und doch glaubt man, sie schon recht gut zu kennen. Ihre stille Freundlichkeit und Zufriedenheit wirkt direkt ansteckend. Wie Paul selber war sie immer eine begeisterte Naturfreundin. In Gottes freier Natur fühlte sie sich zu Hause. Ist es da verwunderlich, dass sich die beiden gerade beim Wandern kennen und schätzen lernten? Am 25. September 1937 (an Hannas Geburtstag) wurde ihnen dann ihr einziger Sohn Edmond geschenkt. Wenn ein Mann wie Paul ehrlich sagt, dass er sich in den 45 Jahren Ehe noch nie reuig gewesen sei, so unterstreicht das die Harmonie, die von dieser Ehe ausgestrahlt wird. Jedenfalls wünschen wir dem lieben Paar noch viele zufriedene und glückliche Jahre. Da sie beide sowohl körperlich wie geistig ausserordentlich jung geblieben sind, ist es durchaus möglich, dass Paul auch in 15 Jahren, wenn ihnen das Radio zur diamantenen Hochzeit gratuliert, immer noch in der Rangliste des ASV Gurten aufgeführt wird.

 

Otto Neuenschwander - In: Der Gurten-Läufer Nummer 2 1982

 

 

Einer der "faulen" Pole-Witze ging so: "Weshalb haben die Briefträger goldene Knöpfe an ihren Uniformen?" - "Keine Ahnung" - "Um die Jacken zu schliessen..."